Vergebung
‚Die Zeit heilt alle Wunden‘ so lautet ein bekanntes Sprichwort. Ich finde, das tut sie nicht.
Aber durch die Erkenntnis, was wir durch unsere Wunden lernen durften, kehrt manchmal etwas mehr Mitgefühl, Vergebung und Frieden in unser Herz, auch wenn die Erinnerung immer ein wenig schmerzen wird….
Puuh… Ich finde ja, dass Liebe zu empfinden deutlich einfacher ist, als zu vergeben.
Erfreulicherweise kann man Liebe ja auch empfinden, wenn man noch nicht alle Verletzungen in sich geheilt und allen vergeben hat. Mir ist bewusst, dass die Liebe, so wie ich sie beschrieben habe, auch die vollkommene Vergebung beinhaltet. Ich denke allerdings, dass wir die 100% Marke nur im Jenseits dauerhaft erreichen können. Ich durfte aber schon erleben, dass wir sehr nahe an das Gefühl wahrer Liebe herankommen können – Mir ist zumindest in den Momenten, in denen ich die Essenz der Liebe fühlen konnte, auch die Vergebung sehr leicht gefallen. Richte ich jedoch meinen Fokus darauf, jemandem vergeben zu wollen, tue ich mich schwer damit ein Gefühl von Liebe in mir zu finden.
Ich sag ja – ganz schön kompliziert…
Aber was hilft denn nun dabei zu vergeben?
Die Liste der Möglichkeiten ist lang. Ich habe mich mal 21 Tage lang in einem Ritual vor dem Schicksal meiner Eltern verneigt. Das war schwierig für mich – hat aber geholfen. Wie bei allem anderen auch ist es ein Prozess der sich aus vielen Puzzlesteinchen zusammensetzt. Außerdem muss da jeder auch so ein bisschen seinen eigenen Weg finden.
Die Liste der Möglichkeiten ist lang. Ich habe mich mal 21 Tage lang in einem Ritual vor dem Schicksal meiner Eltern verneigt. Das war schwierig für mich – hat aber geholfen. Wie bei allem anderen auch ist es ein Prozess der sich aus vielen Puzzlesteinchen zusammensetzt. Außerdem muss da jeder auch so ein bisschen seinen eigenen Weg finden.
Es geht bei Vergebung auch um Selbstliebe, auch darum, sich selbst zu vergeben, um Grenzen setzen, um Glaubenssätze und darum, die in uns aufgestaute Wut oder anderweitige als ‚negativ‘ empfundene Gefühle zu transformieren. Denn ohne die scheinbar negativen Gefühle in uns zu transformieren und uns in Vergebung zu üben, ohne diesen Prozess ist Frieden in unserem Herzen nur schwer zu erreichen.
Im ersten Schritt ist es daher mal wichtig, die Gefühle überhaupt wahrzunehmen, zu deuten und ihnen erlauben da zu sein, anstatt sie zu verdrängen und mit Aktion zu überspielen. Die Gefühle in uns – insbesondere diese, die wir nicht so schön finden – möchten uns ja auf etwas aufmerksam machen.
Sie weisen uns auf Veränderungspotenziale hin, die wir in uns heilen dürfen. Wut zum Beispiel ist ein ganz klares Indiz dafür, dass es etwas in uns gibt, wo wir uns verbogen haben, wo wir still sein mussten, obwohl wir das Bedürfnis hatten uns mitzuteilen, wo wir nicht gesehen wurden oder unsere Grenzen verletzt wurden und wir ohnmächtig und abhängig waren und uns nicht wehren konnten.
Verstehen lernen hilft
Vergebung und Dienen – das sind zwei Begriffe, die mich lange Zeit in meinem Leben sehr wütend gemacht haben. Ich habe einfach nicht eingesehen, warum ich jemandem vergeben soll, der mich verletzt hat oder es weiterhin tut.
‚Wenn dich jemand auf die rechte Wange schlägt, halte ihm auch deine linke Wange hin‘ da bin ich noch lange nicht. Aber immerhin, ich bin an dem Punkt: Wenn mich jemand auf die rechte Wange schlägt, dann verstehe ich, damit bin nicht zwingend ich gemeint.
Wie bin ich an den Punkt gekommen, dass es leichter wurde?
Für mich ergab sich eine grundlegende Veränderung in meinem Leben durch einige Seminargruppen, die ich zur Auflösung von Kindheitstraumata und zum inneren Kind besucht habe. Im ersten Schritt ging es für mich darum zu erkennen: Ich bin nicht verantwortlich für meine Eltern, ich bin nicht schuld an ihrem Ärger, ich darf Bedürfnisse haben, ich bin okay. Damit begann für mich der Weg der Heilung.
Über eine systemische Aufstellung habe ich dann erstmals Zusammenhänge und Dynamiken erkennen können, die sich zwischen meinen Eltern unter der Oberfläche abgespielt haben.
Als ich einmal in einer Aufstellung (mit Stellvertretern) meine Mutter sah, wie sehr sie um die Liebe meines Vaters gekämpft hat, wurde mir klar, warum sie mich nicht sehen konnte. Dadurch war nicht plötzlich 'alles gut' aber zumindest konnte ich wieder so etwas wie Mitgefühl für sie empfinden, aus dem ein tieferes Verständis für meine Mutter entstand und sich irgendwann auch Vergebung einstellte.
Es braucht etwas Zeit um die Beweggründe zu hinterfragen und 'liebevolle' Erklärung für das Verhalten von anderen zu finden, die uns meist unwissentlich und ohne böse Absicht verletzen.
Aber warum sollen wir das überhaupt tun und anderen vergeben was sie uns angetan haben?
Aber warum sollen wir das überhaupt tun und anderen vergeben was sie uns angetan haben?
Nun, weil es uns dann besser geht und es nicht mehr so weh tut.
Trotzdem sollten wir nach Möglichkeit natürlich versuchen an der jeweiligen Beziehung etwas zu verbessern, indem wir für uns einstehen, Grenzen setzen, ein Gespräch suchen. Aber nicht immer ist ein Gespräch möglich oder sinnvoll, wenn wir uns nicht weitere Verletzungen zuziehen wollen. Anderen zu vergeben bedeutet ja nicht, sich ihnen weiterhin permanent als Opfer vor die Füße zu werfen.